Wer die Zeichen der Zeit lesen konnte, wusste schon vor 10 Jahren, wo die Welt heute steht. Immer wieder traf der geopolitische Analyst Christian Takushi mit seinen Prognosen ins Schwarze. So zählte er zu den wenigen, die mit einer Wahl Donald Trumps 2024 rechneten. Jetzt zeigt er uns Hintergründe auf – und wagt einen Blick in die Zukunft.
Von Zeit zu Zeit ist es wichtig, einen Schritt zurückzugehen – insbesondere im Angesicht von Kriegen, und wenn ernste politische Veränderungen anstehen, wie dies gegenwärtig in den USA der Fall ist.
Ich möchte dich dazu einladen, das grosse Ganze zu betrachten. Was man nicht einfach über eine oder mehrere Amtsdauern verändern kann, ist die demographische Entwicklung unserer Nationen. Diese kann man nur bedingt über einen Zeithorizont von 25 bis 40 Jahren massgeblich beeinflussen.
Demographische Daten sagen mehr als Worte
Wer unsere Forschungsarbeiten seit zehn oder mehr Jahren verfolgt, erinnert sich vielleicht an unsere ersten Graphiken. Wir haben den Altersabhängigkeitsquotient über mehrere Jahre aufgezeichnet – die so genannte ODR Ratio. Dieser Belastungsquotient spiegelt das Verhältnis der Anzahl Menschen, die im Rentenalter sind, in Bezug auf die Anzahl Menschen im erwerbsfähigen Alter. Dies über sämtliche Volkswirtschaften. Unsere Demographie hat nämlich Auswirkungen auf Wirtschaft, Politik und Weltpolitik.
In Zeiten von geopolitischen Spannungen und Kriegsgefahr sind viele Regierungen aus nationalen Sicherheitsüberlegungen dazu gezwungen, ihre Zustimmungswerte zu beschönigen und Falschinformationen gegen aussen zu streuen. Sie manipulieren bewusst ihre Zahlen, indem sie die Inflationsrate nach unten justieren und gleichzeitig die Beschäftigungsrate sowie das Wirtschaftswachstum überzeichnet darstellen. Erfahrene Ökonomen können sich allerdings auf demographische Daten (Zeitreihen) vor Covid stützen, denn an diesen können Regierungen nicht einfach herumbasteln.
Dank der umfassenden UN-Bevölkerungsdaten und unserer eigenen Zeitreihenanalysen wussten wir bereits seit Mitte 2014 um den bevorstehenden massiven demographischen Schock in der nördlichen Hemisphäre im Zeitraum von 2015 bis 2040 – nämlich eine dramatische Verschlechterung des ODR Ratio (des Verhältnisses von Rentnern zu Erwerbstätigen) von Kanada und den USA über Ukraine und Russland bis hin zu China und Südkorea.
Wir haben bereits 2014 gewarnt: Die Anzahl der Rentnerinnen und Rentner in allen wichtigsten Volkswirtschaften wird explodieren, während die Zahl der Beschäftigten in sich zusammenbricht. Dies wirkt sich dramatisch auf den Mittelstand, die politische Stabilität und die militärische Sicherheit aus. Europa ist davon am meisten betroffen. Wir sehen dies bereits und dieser kombinierte geopolitische und wirtschaftliche Druck spitzt sich erst zu.
Seit 2015 sind wir damit beschäftigt, den Einfluss dieser drastischen Verschiebung auf die Welt- und Aussenpolitik, aber auch auf die Geld- und Fiskalpolitik zwischen 2015 und 2040 abzuschätzen. Ebenso sind wir seit jeher in Gesprächen mit Regierungen, Zentralbanken und Führungskräften, um diese vor dem zu warnen, was uns erwartet. Während viele sich unsere Warnungen angehört haben, überwog am Ende leider der Glaube an den Konsens unserer Regierungen, Universitäten und Medien. Der Freihandel garantiert unseren Frieden, während unsere massiven Energie-Investitionen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft erneuert.
ODR-Schock: Verarmung, Konflikte, Krieg in Israel
Es ist einfach, unsere Regierungen für das Chaos im Westen an den Pranger zu stellen. Tatsache ist, dass Konservative und Liberale munter Geld gedruckt und massive Defizite angehäuft haben. Viele Politiker haben die Gefahren erkannt, gleichzeitig aber gemerkt, dass es bereits zu spät ist, um das Ruder herumzureissen. In einem verfahrenen politischen Prozess, wo die Wähler immer grosszügigere finanzielle Zuwendungen (Handouts) erwarten, ist Fiskaldisziplin politischer Selbstmord. So rächen sich 49 Jahre westlicher fiskalpolitischer Disziplinlosigkeit. Allerdings hat es Europa ohne den USD als Reservewährung viel schwieriger.
"Total Reset" vor der Tür?
Vor diesem aussichtslosen Hintergrund und neuen Krisen sind Politiker noch einen Schritt weiter gegangen: Da eine Korrektur unserer künstlich aufgeblasenen Vermögenswerte mit massiven Verlusten für alle Stakeholder einhergehen würde, wurde kurzerhand noch mehr Geld gedruckt und ausgegeben. Die Defizite sind also weitergewachsen, obwohl immer mehr nicht-westliche Wirtschaftsmächte Zweifel an der Gesundheit unserer US-Dollar und Euroscheine hegen und an Alternativen zu unserem Finanzsystem bauen. Zeit gewinnen, während man gewissermassen den Weg für eine Transition oder einen monetären Reset ebnet: Ein Übergang, in dem finanzielle Verluste durch eine viel grössere Rolle des Staates abgefedert werden sollte – dies teilweise auf Kosten persönlicher Freiheiten. Ich nenne es den "Total Reset", denn die meisten Experten sehen den bevorstehenden Reset vor allem als umfassende Veränderung des Finanzsystems. Ich persönlich glaube nicht daran, dass unsere gigantischen Blasen allein mit finanziellen Pflastern geflickt werden können. Das dürfte eine umfassende finanzielle und politische Gesellschaftsveränderung einleiten.
Lektionen aus 4000 Jahren Wirtschaftsgeschichte
In den letzten 4000 Jahren Wirtschaftsgeschichte hat sich immer wieder gezeigt: Je höher die Verschuldung einer Nation ist, desto mehr entwertet sich ihre Währung, und desto mehr wird die Regierung ihr Augenmerk auf die Aussenpolitik richten. Wenn du das verstehst, verstehst du unsere heutige Welt.
Unsere westlichen Regierungen sind nun gezwungen kreative Wege zu finden, um die Höhe ihrer Defizite, Schulden und massiven Verbindlichkeiten buchhalterisch zu vertuschen. In jedem Fall jedoch werden die Erwerbstätigen für die explodierenden Defizite und Kosten des Gesundheitswesens aufkommen müssen.
Schnell wachsende ODR Ratios bedeuten ein Schrumpfen der Realeinkommen, was zu Unzufriedenheit und politischer Instabilität führt. Daher wenden sich fast alle Regierungen in der nördlichen Erdhalbkugel der Aussenpolitik zu, was wiederum zu Konflikten und Kriegen führt – das Ende jedes grossen monetären Zyklus’.
2014 haben wir das Wiederaufkommen von Konflikten und Kriegen in der nördlichen Hemisphäre vorausgesagt. Wir erwarten:
- Wachsende politische Instabilität innerhalb der G7 Staaten, Russland, im Nahen Osten, Pakistan und China
- Masseneinwanderungen
- Zunehmenden Einfluss des Nahen Ostens auf Europa (Blockierung unserer Seewege)
- Massive geld- und fiskalpolitische Hilfspakete seitens des Westens und die damit einhergehende künstliche Preis-Aufblähung aller Häuser und Vermögenswerte (der Konsens spricht nur von der Inflation vom offiziellen Konsumenten-Warenkorb)
- Drei grossräumige Kriege in der nördlichen Hemisphäre (bis 2024 toben bereits 120 Konflikte)
Europa – ein wunder Punkt?
Dabei ist Europa am meisten verwundbar, da alle Weltmächte ihre Aussenpolitik sowie Militärmacht in den Nahen Osten projizieren. Alle – von Mexiko und Brasilien bis hin zu China und Nord-Korea – konzentrieren sich auf den Konflikt im Nahen Osten. In der gesamten MENA-Region und in Südasien ist es den Feinden des Westens bereits gelungen, die Unterstützung aller Nationen entlang unserer Seewege zu sichern. China und Russland können also problemlos über 60 % der globalen Lieferketten Europas über Nacht «abwürgen».
Die Sicherheit von Israel wurde durch die gleichzeitige Verschlechterung der demographischen und wirtschaftlichen Situation in allen grossen Volkswirtschaften der nördlichen Hemisphäre gefährdet. Keine Einzelperson in Genf, New York oder Davos hätte dies orchestrieren können. Diese systemische, komplexe und generationenübergreifende Dynamik startete wohl vor über 60 Jahren mit dem Einsetzen unseres moralischen Zerfalls. Im allgemeinen Misstrauen kämpfen nun alle Grossmächte und Eliten um die Vorherrschaft.
Die Illusion des Wohlstandes versus die persönliche Freiheit
Das Ausmass unserer Schulden- und Spekulationsblasen ist so gigantisch, dass sämtliche Bemühungen, diese zu reduzieren, kläglich gescheitert sind. Deren Korrektur könnte den westlichen Lifestyle, so wie wir ihn kennen, ohne weiteres zunichtemachen und unser nominales BIP um bis zu 20% einbrechen lassen. Ich bin überzeugt, dass die meisten Wähler zum Schutze ihres Vermögens eine vorübergehende Aufhebung des freien Marktes und ihrer persönlichen Freiheiten akzeptieren würden, sollten Krisen wie Inflation, Rezession, Deflation, Krieg, Stagflation, Ausfallsrisiken etc. sich überschneiden. Professor Irving Fischer, der grosse Forscher der Inflation und einer der intellektuellen Gründungsväter der US-Notenbank Fed, würde es folgendermassen formulieren: "Die Mehrheit würde in der Krise dazu neigen, ihre Geld- oder Reichtumsillusion zu bewahren."
Abhängig von Vater Staat
Viele Konservative plädieren: "Wir sollten uns unser Land zurückholen". Doch sie vergessen dabei, dass etwa zwei Drittel der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die liberale Politik unseres Sozialstaates mittragen. In Europa sind ungefähr zwei Drittel aller Einkommen direkt oder indirekt vom Staat abhängig. Eigentlich stellen sich also viele Konservative gegen den Willen der Mehrheit. Diese Mehrheit dürfte folgerichtig irgendwann die Einschränkung des Marktes und der persönlichen Freiheiten zugunsten des nominellen Schutzes ihrer finanziellen Stabilität durch den Staat fordern. Um ehrlich zu sein: Es gibt bereits erste konkrete Anzeichen für diesen Trend.
Wohlstandsgewohnte Menschen werden stets dem starken Wunsch nach Stabilität und ihren tief verwurzelten Konsumgewohnheiten nachgeben. Wenn sie die Wahl haben zwischen (A) – einem Rückgang um 50 % des Wertes ihrer Häuser, Portfolios und Einkommen zum Schuldenabbau und Genesung unserer Wirtschaft – und (B) – einer vorübergehenden Übernahme der Wirtschaft und aller Schlüsselmärkte (Gold, Silber, Wertschriften, Öl, Immobilien etc.), einhergehend mit Massnahmen zur Einschränkung von Arbitrage, freiem Kapitalverkehr und persönlichen Freiheiten – sie würden vermutlich (B) wählen. Vor allem, wenn sowohl Salär als auch Aktiva nominell von den Korrekturen ausgenommen werden.
Vorbereitung ist das A und O
Die Einsicht, dass unsere Finanzmärkte und Gesellschaft von Zahlungsausfällen, Konflikten und Kriegen bedroht sind, hilft uns, die richtige Denkhaltung für die kommenden Jahre anzunehmen. Weder Leugnung der Tatsachen noch Panik sind zielführend – und noch weniger, den Staat oder einzelne Kreise für alles verantwortlich zu machen. Unsere Reaktion könnte in folgenden Punkten bestehen:
- Die Resilienz gegenüber verschiedenen möglichen Szenarien verstärken (eine Gefahr lauert: sich auf ein einziges monokausales Szenario zu fokussieren führt dazu, dass wir uns viel zu sehr auf eine Lösung fixieren)
- Für den Schutz des Kapitals mittels strategischer geopolitischer Diversifikation sorgen und nicht nur den Kapitalzuwachs anstreben (letzteres hat über die letzten 40 Jahren gut funktioniert)
- Krisen bergen Chancen: Die Überreaktionen an den Märkten dazu nutzen, um von den übermässigen Stimulierungen durch Geld- und Fiskalpolitik zu profitieren; beispielsweise einen Teil der aufgeblasenen Vermögenswerte behalten (wie die Aktien im privaten Depot oder der Pensionskasse).
- Proaktive Massnahmen für die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Liebsten ergreifen. Je nach individueller Situation: vereinfachen, reduzieren und diversifizieren.
- Sich zwar auf das wahrscheinlichste Szenario vorbereiten, aber so, dass man mit den wichtigsten Nebenszenarien auch noch klarkommt. Noch wichtiger, bei aller Trübheit weitsichtig bleiben: einen Baum pflanzen, eine Schule oder ein Waisenhaus aufbauen, andere Menschen segnen.
- Hoffnung und Freude verbreiten. Veränderungen annehmen und auf mögliche Krisen vorbereitet sein, hilft uns, positiv und optimistisch zu bleiben. Wer gar nichts tut, den quälen die Sorgen am meisten!
Es gibt keine perfekte All-in-One-Lösung für alle Familien, denn jeder Haushalt muss seine eigene individuelle Vorbereitung in Bezug auf Portfolio und Vermögensverteilung treffen. Wir betonen dabei, dass Entscheidungen gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin getroffen werden sollen, in enger Zusammenarbeit mit Beratern aus der Bank-, Treuhand- und Investmentbranche.
Viele erfahrene Anleger diversifizieren ihre Anlagen bewusster als früher, halten aber einen zunehmenden Teil davon in der südlichen Hemisphäre: Immobilien, landwirtschaftliche Nutzfläche, Aktien, Anleihen, Öl, Soft Commodities, Gold- und Silbermünzen, verschiedene Hartwährungen (USD, EUR, CHF, …), eine Emerging Currency bzw. Währung (beispielsweise der peruanische SOL dank seiner Fiskaldisziplin und Stabilität), Bitcoin usw. Verschiedene Arten von Gold und Silber dienen unterschiedlichen Zwecken (auch ETFs). Gegenwärtig sind Uruguay und Mauritius aus der Sicht der geopolitischen Sicherheit die beiden Top Destinationen im Süden. Singapur, Peru, Argentinien und Paraguay gewinnen aus anderen spezifischen Gründen auch an Aufmerksamkeit bei westeuropäischen Familien.
Persönlicher Kommentar
Die Illusion von Geld und Reichtum, wie sie uns zurzeit in noch nie dagewesenem Ausmass begegnet, ist eine Art Täuschung. Sie erinnert mich an die Worte Jesu zu Beginn von Kapitel 24 im Buch Matthäus. In der Bibel steht auch: Der Kluge streut seinen Samen weit aus und sogar über das Meer. Der Umsichtige sieht die Gefahr und flüchtet, aber der Einfältige geht weiter und zahlt die Strafe.
Investoren, die einen Teil ihre Anlagen in die geopolitisch sicheren Orte der südlichen Hemisphäre verlagert haben, werden in den kommenden Jahren besser schlafen.
Sämtliche Vorbereitungen werden am besten an einem Ort des Friedens getroffen. Friede zuhause, Friede in unseren Herzen und Friede mit Gott.
Wichtige Anmerkung: Unsere geopolitischen Einschätzungen oder Kommentare sollten keinesfalls als Anlageempfehlung interpretiert werden. Die geopolitische Analyse ist hochkomplex und unterliegt plötzlichen Veränderungen.
Christian R. Takushi ist Makroökonom und geopolitischer Stratege mit 34 jähriger Erfahrung als Forscher, Fund Manager und Stratege in der Investment Industrie. Er hat bedeutende politische wie auch wirtschaftliche Ereignisse vorausgesagt (u.a. CHF Breakout in 2011, CHF-EUR Peg Abbruch 2014, Brexit, Trump (2016 & 2024), Blockade von Handelsrouten, Rückkehr der Kriege). Dank seiner Expertise über Asien, Nahost und Lateinamerika berät er als unabhängiger geopolitischer Ökonom Regierungen, Parlamentsausschüsse, Zentralbanken, Unternehmen, Pensionskassen und Asset Manager.
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